[1] Sexuelle Selektion - [2] Fishers Runaway Selection - [3] Handicap"-Merkmal, Qualitätsmerkmal oder Sinn für Schönheit? - [4] Werden schlicht auffällige Merkmale bevozugt? Die "Sensory Bias"-Theorie
Daß das von Darwin postulierte Prizip der
'sexuellen Selektion' tatsächlich existiert, wird inzwischen auch durch experimentelle Studien gestützt.
(s.u.)
An der Existenz einer 'male-male competiton' wurden dabei auch in der Vergangenheit kaum Zweifel von Seiten anderer
Evolutionstheoretiker geäußert. Was jedoch zu erheblichen Widerspruch führte, war Darwins Hypothese
der 'female choice', d.h. der Tatsache, daß primär die Weibchen ihre männlichen Partner
auswählen und sie hierbei einen angeboren Sinn für Schönheit besäßen. Auch
Fishers Prinzip der 'Runaway selection' erklärt
vornehmlich, wie sich 'sexuelle Selektion' als eigenständiger Selektionsprozeß neben der
'natürlichen Selektion' etablieren kann, viele Evolutionstheoretiker suchen
jedoch nach der Antwort auf die Frage:
Warum werden bestimmte Merkmale von den Weibchen präferiert?
Der beliebteste Ansatz, der sich hierbei besonders auch in der soziobiologischen Forschung etablierte, ist
die sogenannte "Good genes"-Theorie:
"Good genes"-Theorie
Die Theorie der 'guten Gene' postuliert, daß Merkmale, die vom anderen Geschlecht präferiert
werden, auf eine gute genetische Ausstattung des Merkmalsträger schließen lassen.
Entscheidend für die Entstehung einer Merkmalspräferenz sei demnach der Hinweis auf
die Genqualität des Merkmalsträgers und nicht die Attraktion als solche.
Diese Theorie unterscheidet sich von der 'Runaway selection' Fishers, indem sie besagt, daß die
weibliche Präferenz für ein bestimmtes männliches Merkmal nicht existiert, da das Weibchen
durch die Weitergabe dieser Attraktivitätsmerkmale an die eigenen Söhne einen Vorteil im eigenen
Reproduktionserfolg erzielt (sexy-sons-Hypothese), sondern da sie qualitativ gute Gene an die eigenen
Nachkommen weiterverebt. Das Attraktivitätsmerkmal wird also als Indikator für eine gute
Genqualität des Merkmalsträgers gesehen.
Es werden mehrere Modelle der "Good genes"-Theorie unterschieden:
A) "Handicap"-Hypothese
Der älteste 'gute Gene'-Ansatz ist die sogenannte "Handicap"-Hypothese von Zahavi (1975).
Sie bezeichnet die Annahme, daß es sich bei bestimmten männlichen Merkmalen wie z.B.
langen Vogelschwänzen, übergrößen Hirschgeweihen
oder auffäliger Körperfärbung um ein sogenanntes "Handicap-Merkmal" handele, das anzeige,
daß der Merkmalseigner gerade trotz dieser Behinderung überlebensfähig sei, also eine
besonders "gute" genetische Beschaffenheit besitze.
Man sprich auch von einem indirektem Nutzen genotypischer Qualität.
B) Zeichen phänotypischer Qualität
Neuere Ansätze der "good genes"-Hypothese unterscheiden sich von dem Zahavis, indem sie die
Ausprägungen sexueller Signale weniger auf Gendifferenzen zurückführen, sondern als
Zeichen von Maturität und guter körperlicher Verfassung (Kraft, Gesundheit, Dominanz)
interpretieren.
Es handelt sich also um ein phänotypischen Hinweis auf die Qualitäten des Merkmalseigners
Man sprich auch von einem direktem Nutzen phänotypischer Qualität.
I.) Parasiten-Theorie
A) Die Parasiten-Theorie von Hamilton und Zuk (1982) geht davon aus, daß sekundäre
Geschlechtsmerkmale wie prachtvolle Färbungen der Männchen auf eine angeborene Parasitenresistenz
des Merkmalsträgers hinweisen. Die weibliche Präferenz führt somit indirekt zu einem Nutzen
für die Weibchen, da die männliche Widerstandsfähigkeit gegen Parasiten auf die eigenen
Nachkommen weitervererbt wird.
B) Es existieren hierzu auch zwei abweichende Modelle, die einen direkten Nutzen für
die Weibchen annehmen, entweder durch die Vermeidung der Übertragung der Parasiten vom Männchen
auf die Weibchen bzw. deren Nachkommen oder durch die erhöhte Fähigkeit Ressourcen wie elterliche
Fürsorge aufbringen zu können.
II.) Fluktuierenden Asymmetrien körperlicher Merkmale
Die Untersuchung von fluktuierenden Asymmetrien körperlicher Merkmale (Van Valen 1962) erfreut sich
gerade in den letzten Jahren ungewöhnlich hoher Beliebtheit.
Fluktuierende Asymmetrien verweisen nach allgemeiner Auffassung auf zufällige genetische oder
umweltbedingte Störungen bei der Ausbildung symmetrischer Merkmale aufgrund von entwicklungsbedingter
Instabilität. Da es eine Präferenz für symmetrische Merkmale bei der Partnerwahl zu geben
scheint, werden geringe fluktuierende Asymmetrien insbesondere bei Männchen mit hohem Partnerwahlerfolg
in Verbindung gebracht.
Fluktuierende Asymmetrien werden z.B. als Folge von schlechten Ernährungsbedingungen, Toxinen,
mangelnder Pathogenresistenz oder Mutationen interpretiert (z.B. Parsons 1990, Møller 1992).
Symmetrie wird entsprechend als Qualitätsmerkmal angesehen.
Bibliographie:
Hamilton, W. D. und Zuk, M. (1982) Heritable true fitness and bright birds: A role of parasites? Science 218, 384-387.
Møller, A. P. (1992) Female swallow preference for symmetrical male sexual ornaments. Nature 357, 238-240
Parsons, P. A. (1990) Fluctuating asymmetry: An epigenetic measure of stress. Biological Review 65, 131-145.
Van Valen, L. (1962) A study of fluctuating asymmetries and sexual selection. Evolution 16, 125-142.
Zahavi, A. (1975) Mate selection: A selection for a handicap. Journal of Theoretical Biology 53, 205-214.
—== Werden schlicht auffällige Merkmale bevozugt? Die "Sensory Bias"-Theorie ==—