[1] Sexuelle Selektion - [2] Fishers 'Runaway Selection' - [3] Handicap"-Merkmal, Qualitätsmerkmal oder Sinn für Schönheit? - [4] Werden schlicht auffällige Merkmale bevozugt? Die "Sensory Bias"-Theorie
Darwin ging davon aus, daß allein das Auftreten einer weiblichen Partnerwahlpräferenz zu einem
ausreichenden Selektionsdruck führen kann. Die Weibchen vieler Arten hätten demnach einen besonderen
Sinn für Schönheit. R.A. Fisher greift
1930 diese Theorie wieder auf und modifiziert sie:
Wenn eine sexuelle Präferenz für ein Merkmal existiert (z.B. bei Vögeln die weibliche
Präferenz für ein bestimmtes männliches Gefieder), welches anfänglich nicht
durch sexuelle Präferenz, sondern einen sei es auch nur geringfügigen Vorteil, entstanden
ist, so beschleunigt dies die evolutionären Prozesse, die zur Ausbreitung dieses Merkmals
führen, und diese Prozesse können sich über die Wirkungsweise der 'natürlichen
Selektion' hinaus als 'sexuelle Selektion' etablieren. Dadurch, daß Weibchen Männchen
nach Merkmalen auswählen, für die sie eine Präferenz zeigen, sorgen sie dafür,
daß diese Eigenschaften auch an ihre Söhne weitervererbt werden. Diese haben dann wiederum
eine höhere Chance von Weibchen ausgewählt zu werden (sexy sons hypothesis). Es reicht
aus, wenn nur ein Teil der Weibchen eine Präferenz für ein bestimmtes Merkmal besitzt,
um für einen verstärkten Selektionsdruck auf dieses Merkmal zu sorgen. Männliche
Merkmalsträger haben infolgedessen eine relativ höhere Beliebtheit (auch wenn nur einige
Weibchen Präferenzen zeigen), werden deshalb wahrscheinlicher als Partner ausgewählt
und geben diese Merkmale somit wieder an die Nachkommen weiter. Weibliche Präferenz
und männliches Merkmal sind somit eng aneinander gekoppelt. Fisher bezeichnete seine Theorie
als "runaway process". Dieser "runaway"-Mechanismus der sexuellen Selektion kann die Entwicklung des
präferierten Merkmals auch noch weiter fortsetzen, nachdem der Vorteil, der sich aus der
natürlichen Selektion ergibt, bereits entfallen ist. Dies geht solange, wie nicht wieder ein
Selektionsnachteil überwiegt (z.B. wenn die übergroße Federschleppe des Pfaus diesen massiv in seiner
Fitneß beeinträchtigt).
Aus "Genetics, Natural Selection, and Sexual Selection", Barry Sinervo©1997 |
Barry Sinervos Beispiel demonstriert Fishers Prinzip der "Runaway Selection": Die Präferenz eines Teils der Weibchen für eine bestimmte männliche Ornamentation reicht aus, daß die männlichen Merkmalsträger einen höheren Reproduktionserfolg haben als die Nicht-Merkmalsträger und sich somit das Merkmal bzw. die Ornamentation in der nächsten Generation stärker ausbreitet. |
Fisher beschreibt die Modifikation eines präferierten Merkmals (z.B. ein Gefiedermerkmal) wie folgt
in zwei Schritten:
...the modification of the plumage character in the cock proceeds under two selective influences.
(i) an innitial advantage not due to sexual preference, which advantage may be quite inconsiderable
in magnitude, and (ii) an additional advantage conferred by female preference. The intensity of preference
will itself by increased by selection so long as the sons of hens exercising the preference most
decidedly have any advantage over the sons of other hens, whether this be due to the first or to the
second cause. The importance of this situation lies in the fact that the further development of the
plumage character will still proceed, by reason of the advantage gained in sexual selection, even
after it has passed the point in development at which its advantage in Natural Selection has ceased
(Fisher 1930, 136).
Bibliographie:
Fisher, R. A. (1930) The genetical theory of natural selection.
Oxford: Clarendon Press.
—== "Handicap"-Merkmal, Qualitätsmerkmal oder Sinn für Schönheit? ==—
Werden gute Gene bei der Partnerwahl bevorzugt?